воскресенье, 25 октября 2020 г.

Wie man in den Sechzigern Kinder zu Strebergärtnern erziehen wollte

Gute Tanten erkannte man früher daran, dass sie einem die richtigen Bücher schenkten. Mein Mitgärtner hatte eine solche Tante, aber einmal griff sie daneben, es ging furchtbar schief. Das Buch hieß: «Hurra — ein Garten!». Wir fanden es neulich in einer Bücherkiste. Es war faszinierend. Zeitgeschichte. Ein Blick auf Kinder, Tiere und Pflanzen, gesehen mit den Augen eines Kinderbuchautors vor knapp 60 Jahren.

«Als der Vater die verdutzten Gesichter der Jungen sah, musste er hellauf lachen». So beginnt es. Die Jungen und ihre kleine Schwester haben sich sehnsüchtig einen Garten gewünscht. Sie brennen darauf, zu hacken, zu jäten, zu gießen, zu mulchen und umzugraben. Sie heißen Wolfgang, Frank und Heidi, wie man eben so heißt Anfang der Sechzigerjahre, und meistens blicken sie geradezu abscheulich brav zu ihrem Vater auf.

Erich Kloss, der es geschrieben hatte, war Bestsellerautor – allerdings hauptsächlich wegen Büchern, die «Horst und das Raubwild» hießen oder «Herbstfreuden im Försterhaus». Es waren Jugendtitel über Abenteuer im heimischen Mischwald und bei Jungs damals durchaus beliebt.

Der Gartenpolizist

Dieses Buch aber – ein Achtjähriger, der unter Gartenarbeit Johannisbeeren zupfen, Äpfel klauben, Kartoffeln ausgraben, Rüben hacken versteht; der nichts mehr hasst als mulchen, jäten, gießen und sehr viel lieber im Wald Indianer spielen würde als im Garten Furchen legen; wenn der dann dieses Buch zum Geburtstag bekommt, wie sollte es ihn umerziehen?

Diese Heidi, die streberhaft fragt: «Ist nicht der Igel der beste Gartenpolizist, Vater?» Dieser Vater, der zu den Kindern spricht: «Der Garten belohnt nur den, der sich ehrlich um ihn bemüht.» Dieser Wolfgang, der verkündet: «Also morgen früh, acht Uhr, Antreten der freiwilligen Gärtner!» Und es auch noch so meint.

Alles hat seine Ordnung, es gibt gute Tiere und böse. Der Vater hat etwas gegen Ameisen, fängt sie in einem umgestülpten Blumentopf, in dem sie sich «häuslich einrichten», und «da kam das Unglück: Eine flinke Menschenhand hob den Topf hoch und warf ihn samt seinem kribbelnden Inhalt in kochendes Wasser». Immer wieder macht er das, wenn sich der Topf gefüllt hat, «bis nach und nach das ganze Ameisenvolk aufgerieben war». Aufgerieben? Da war doch mal was…

Bitte keine Vorschriften

Erich Kloss war Schullehrer, Biologe, 1889 geboren; natürlich Kind seiner Zeit, aber für eine 1963 veröffentlichte Schrift wirkt dieses Gartenbuch seltsam ältlich und überdidaktisch. Mein Mitgärtner schwört, er war über dieses Geschenk damals von der ersten Seite an entsetzt. Diese «Gartenkinder». Dieser Holunderbusch, der «ein Geheimnis hütet». All das fand er schrecklich, lange bevor er wusste, was ein Anthropomorphismus ist.

Ihn hat das Buch eher abgeschreckt, er ist vor Gartenarbeit erst recht geflohen.

Er ist dann trotzdem Mitgärtner geworden, was zeigt, das kindliche Traumata manchmal überwindbar sind und nicht jeder Oliver, der seinen Fußball in Mutters Dahlien knallt, sein Leben lang ein Staudenhasser bleiben muss.

Mein Mitgärtner hat etwas gegen Vorschriften; wenn man ihn experimentieren lässt, macht er alles. Er mäht, schneidet, buddelt, überall im Garten hat er Kartoffeln vergraben, manchmal sogar mit Erfolg. Seit der Obsternte probiert er mit Säften herum, wirft Vanille rein, Zimt, sucht die perfekte Cuvée. Und die perfekte Obstpresse, er liebt ja Maschinen, er wird wohl bald die nächste kaufen. Unsere ist ihm zu klein.

Manchmal liest er in diesem gruseligen Buch herum, und mit ein, zwei Dingen sympathisiert er sogar. Dass Unkraut Unkraut heißt und nicht zartfühlend mit «Beikraut» umschrieben werden muss. Dass der Umgang mit Nacktschnecken ebenso erfolgreich ist wie unsentimental: «Der Vater fand sie, überbrühte sie und fütterte mit ihnen die Hühner.»

Icon: Der Spiegel

Source: spiegel.de

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