Die Sorge war groß, gerade auch bei Bildungsexperten: Zum Teil mehrfach verschobene Prüfungstermine, dazu der generelle Stress und die Corona-bedingten Unsicherheiten und Sorgen — all das könnte zu einem Absacken der Schulabgänger bei den diesjährigen Abschlussprüfungen führen, so die Befürchtungen.
«Sollten die Leistungen der Schüler am Ende signifikant schlechter ausfallen als im Durchschnitt der letzten Jahre, dann erwarte ich einen Nachteilsausgleich», hatte beispielsweise Bernhard Kempen gesagt, Präsident des Deutschen Hochschulverbands und damit die Stimme der Uni-Professoren: Beim Rennen um die besonders begehrten, mit einem NC abgeschotteten Studiengänge müsste der Jahrgang mit dem Corona-Abitur anders als bisherige Bewerber bewertet werden.
«Denkbar wäre zum Beispiel, dass die Hochschulen bei den zulassungsbeschränkten Fächern einen angemessenen Bonus gewähren», so Kempen im Gespräch mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Auch Peter-André Alt, Präsident der Hochschulrektorenkonferenz, hatte mit Blick auf die besondere Lern- und Prüfungssituation jetziger Oberstufenschülerinnen und -schüler gefordert: «Das muss man in Rechnung stellen, wenn man die Leistungen dieser Schüler am Ende bewertet.»
Berlin: Bester Abi-Schnitt seit zehn Jahren
Jetzt zeigt sich: Möglicherweise waren die Befürchtungen übertrieben. Berliner Abiturientinnen und Abiturienten jedenfalls «können in diesem pandemiegeprägten Ausnahmejahr ganz besonders stolz auf ihre Leistungen sein», teilte Berlins Bildungssenatorin Sandra Scheeres schon mit. Erstmals erreichten die Berliner Abi-Absolventinnen und -Absolventen einen Schnitt von 2,3 — in den vergangenen neun Jahren hatte er stabil bei 2,4 gelegen. Die Corona-Pandemie sei «für uns alle eine große Herausforderung» gewesen, so Scheeres, die von den jungen Erwachsenen «hervorragend gemeistert» worden sei.
Auch Hamburg meldet in diesem Jahr ein leicht verbessertes Abitur: Der Schnitt lag bei 2,36, in den vergangenen zehn Jahren hatte er zwischen 2,42 und 2,48 gelegen. Das Ergebnis zeige, «dass es richtig war, die Abiturprüfungen durchzuführen und nicht abzusagen», so Schulsenator Ties Rabe. Das gute Ergebnis sei «auch ein Erfolg einer vernünftigen, unaufgeregten und verlässlichen Schulpolitik in Hamburg und den anderen 15 Bundesländern». Offensichtlich sei die Vorbereitung der Schülerinnen und Schüler auch in der Zeit des Fernunterrichts besser gewesen, als lange Zeit behauptet wurde, so Rabe. Ob die Prüferinnen und Prüfer in diesem Jahr allerdings Corona-bedingt auch etwas «milder» urteilten, lässt sich statistisch in Hamburg und Berlin nicht erheben.
Wie der NDR meldet, liegen auch aus Mecklenburg-Vorpommern bereits Durchschnittswerte vor. Bei den landesweiten Abschlussprüfungen ist dem Bericht zufolge keine Verschlechterung des Durchschnitts erkennbar. Der Schnitt liege beim Mittleren Schulabschluss bei 2,6 und damit exakt beim Wert der beiden Vorjahre, beim Abitur erreichten die Schülerinnen nach den bisherigen Auswertungen einen Wert zwischen 2,3 und 2,4 — in den vergangenen beiden Jahren hatte der Durchschnitt hier jeweils bei 2,3 gelegen.
Während in Nordrhein-Westfalen, dem Bundesland mit den meisten Abiturienten, die landesweiten Durchschnittsergebnisse derzeit noch ermittelt werden, ist Schleswig-Holstein mit der Erhebung der Daten so gut wie durch. Am Dienstag soll in Kiel der Notendurchschnitt der diesjährigen Abschlussprüfungen veröffentlicht werden. Nach SPIEGEL-Informationen ist aber schon erkennbar, dass im nördlichsten Bundesland die Werte sowohl beim Mittleren Schulabschluss als auch beim Abitur im Durchschnitt der vergangenen Jahre liegen — auch hier wäre demnach die Sorge um absackende Schülerleistungen nur ein blinder Alarm gewesen.
Source: spiegel.de
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