понедельник, 24 февраля 2020 г.

Otto Dix und Oskar Schlemmer: Tanz in den Abgrund

Kunstgeschichte wird manchmal an unscheinbaren Orten geschrieben. Zum Beispiel in einem Hinterhaus an der König-Karl-Straße in Bad Cannstatt. Der Maler Oskar Schlemmer entwirft hier 1920 eine Reihe völlig neuartiger Ballettkostüme. Die Tänzer sehen darin aus wie eine Gruppe Roboter auf einem Karnevalsausflug – mit ihren Gesichtsmasken in Metallfarben, Drahtgekräusel auf dem Kopf, großen Goldkugeln
um den Bauch. Heute sind sieben Kostüme dieses «Triadischen Balletts» in der Staatsgalerie zu sehen und gehören neben Otto Dix' «Großstadt»-Triptychon zu den bedeutendsten Kunstwerken Stuttgarts.

Gut 30 Jahre ist Oskar Schlemmer alt, als er an den Tanzkleidern arbeitet, und bereits einer der eigenwilligsten und fortschrittlichsten Künstler Deutschlands. Geboren in Stuttgart als Sohn eines Kaufmanns und mäßig erfolgreichen Komödienschreibers, begeistert er sich schon im Studium an der Kunstakademie der Stadt für alles, was neu und aufregend ist: Kubismus, Konstruktivismus, abstrakte Kunst – all die großen Strömungen dieser Zeit, mit denen die Maler die Kunst revolutionieren. Sie wollen nicht länger die Realität abbilden, sondern sie verwandeln in ein Spiel aus Kegeln, Zylindern, Quadern und bunten Farbflächen.

Schlemmer studiert diese Stile nicht nur gründlich, er macht sie bald auch den Bürgern seiner Heimatstadt bekannt. 1913 gründet er in Stuttgart den «Neuen Kunstsalon am Neckartor», stellt dort Werke von damals hoch umstrittenen Malern wie Paul Klee und Franz Marc aus. Seine eigene künstlerische Mission findet er gegen Ende des Ersten Weltkriegs. Erschüttert von den Zerstörungen des Krieges will er mit seiner Kunst mithelfen, eine bessere Welt aufzubauen.

Otto Dix und Oskar Schlemmer: Dieser Artikel stammt aus MERIAN Heft Nr. 04/2018

Dieser Artikel stammt aus MERIAN Heft Nr. 04/2018 © MERIAN

Vor allem, nachdem er ab 1921 am Bauhaus arbeitet, erst in Weimar, dann in Dessau, beschwört er in zahlreichen Bildern das Ideal eines neuen Menschen, der sich von der Vergangenheit befreit hat. Seine Geschöpfe ähneln einander stark, die Körper folgen geometrischen Formen: Nasen und Augenbrauen sind oft gerade Linien, die Umrisse von Schultern und Oberkörpern erinnern an Dreiecke. Die ewig gültigen Regeln der Geometrie haben für Schlemmer eine fast magische Bedeutung, sie sind ein wichtiger Teil der von ihm ersehnten neuen Weltordnung (von der er wohl nur diffuse Vorstellungen hat).

Auf den Bildern laufen die neuen Menschen oft über Flure und Treppen, bewegen sich durch Räume. Ernst und in sich gekehrt gehen sie aneinander vorbei, in ihren Gesichtern keine Spur von Schmerz, aber auch nicht von Glück. Man kann darüber streiten, ob es Schlemmer gelungen ist, mit Bildern eine ideale Welt zu erschaffen. Oder ob seine Gemälde nicht eher – durchaus berührende – Ansichten einer technisierten Massengesellschaft sind.

Fröhlicher als seine Gemälde wirken Schlemmers Bühnenarbeiten. Beim «Triadischen Ballett» etwa treten zwei Tänzer in bunten Ringelkostümen und ein Harlekin auf, in einem weiteren Stück spielt ein drolliger Mann mit Schnauzbart mit, der aussieht wie aus einem Bilderbuch.

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