пятница, 4 сентября 2020 г.

Jessica Krug: Weiße Professorin aus Washington, D.C. gab sich als Schwarze aus

Das Statement auf dem Twitter-Account der George Washington University war trocken: «Wir haben Kenntnis von dem Post von Jessica Krug und schauen uns die Situation an. Persönliche Angelegenheiten dürfen wir nicht weiter kommentieren.»

Was war geschehen? Durch die Veröffentlichung eines Blogbeitrags auf der Plattform Medium hatte die Assistenzprofessorin im Geschichts-Fachbereich, Jessica A. Krug, große Aufregung im Umfeld der 1821 in der US-Hauptstadt Washington gegründeten Universität ausgelöst — und weit darüber hinaus.

In ihrem Blogpost unter dem Titel «The Truth, and the Anti-Black Violence of My Lies» bekennt Krug, dass sie als jüdisches Kind in einer Vorstadt von Kansas City aufgewachsen sei. Praktisch ihr gesamtes Erwachsenenleben habe sie verschiedene Identitäten angenommen, in denen Schwarzsein zentral war — zunächst als Nordafrikanerin, dann als Schwarze mit US-Wurzeln, schließlich als aus der Bronx Kommende mit karibischem Hintergrund.

In ihrem Text bezeichnet sich Jessica A. Krug mehrfach als Feigling, schon oft habe sie darüber nachgedacht, ihre Lügen zu beenden, aber: «Meine Feigheit war stets stärker als meine Ethik». Als Erklärung verweist sie auf Probleme mit der geistigen Gesundheit und auf ein Kindheitstrauma. Doch dies sei weder Rechtfertigung noch Entschuldigung.

Sie glaube an Verantwortung, so die Historikerin weiter, und sie glaube an die Cancel Culture als notwendiges und gerechtes Werkzeug, das diejenigen mit weniger struktureller Macht gegen die Mächtigeren einsetzen sollten. Krugs Konsequenz daraus: «Ihr solltet mich canceln, absolut, und ich cancle mich selbst.»

Auf der Website der George Washington University gibt Jessica A. Krug unter anderem die Geschichte der Politik, Ideen und kulturellen Praxis in Afrika und der afrikanischen Diaspora an. In dieses Feld fällt auch ihre erste Buchveröffentlichung, «Fugitive Modernities», das 2018 im Verlag Duke University Press erschien. Das Sachbuch kam in der Fachwelt gut an, war für zwei Wissenschaftsbuchpreise nominiert.

In einer Vorbemerkung zu dem Buch (hier eine Leseprobe) schreibt sie, es sei ein «Liebesbrief» an jene, die nicht lesen könnten, an ihre Vorfahren, «unbekannt und ohne Namen», und an die Menschen, deren Namen nicht kenne, «in meinem Barrio, in Angola oder in Brasilien».

Der Fall der Assistenzprofessorin erinnert an die Ereignisse um Rachel Dolezal. Die Bürgerrechtsaktivistin war über Jahre als Schwarze aufgetreten, obwohl sie als Weiße geboren wurde. 2015 deckten ihre Eltern ihre Lüge von den afroamerikanischen Wurzeln auf.

Seinerzeit war in den USA ausgiebig über die Problematik des «Passing» diskutiert worden — ursprünglich zumeist eine Praxis, mit der hellhäutigere Afroamerikaner sich als Weiß ausgaben, um den Benachteiligungen, denen sie als Schwarze ausgesetzt waren und sind, zu entkommen. Der umgekehrte Weg, wie ihn Dolezal und nun auch Krug gegangen sind, wird als moralisch deutlich problematischer angesehen, zumindest solange es Rassismus gibt. Schließlich könnten Menschen wie sie in ihre privilegiertere Identität «zurückkehren».

Entsprechend erschüttert zeigen sich nun Freunde und Weggefährten von Jessica Krug, manche äußern sich in den sozialen Medien. Mehrere bekennen, schon früher Verdacht gehegt zu haben, dass mit ihrer «Schwarzen» Identität etwas nicht recht stimme. Doch vor allem fühlen sie sich hintergangen. Der TV-Autor Hari Ziyad behauptet in einem Tweet, Krug habe sich in ihrem Blogpost nicht von sich aus offenbart, sondern sie sei «ertappt» worden.

Besondere Kuriosität gewinnt der Fall dadurch, dass Jessica Krug offenbar unter ihrem «Salsanamen» (so die «New York Times») Jess La Bombalera an einer Anhörung per Videokonferenz des New Yorker Stadtrats zur Polizeigewalt bei den Demonstrationen nach dem Tod George Floyds teilnahm. Auf einem Videoausschnitt ist «Jess La Bombalera» mit wechselnd starkem Latina-Akzent zu hören, wie sie über die Behandlung «Schwarzer und Brauner New Yorker» wettert.

In ihrem Blogpost schreibt Jessica Krug, dass sie als traumatisierter Teenager einfach an einen anderen Ort hätte fliehen können. Nun gebe es keinen solchen Ort mehr: «Ich habe das Leben beendet, das zu leben ich von Vornherein kein Recht hatte.» Außerhalb davon habe sie keine Identität, sie habe niemals eine entwickelt.

Icon: Der Spiegel

Source: spiegel.de

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