Es wäre fast spannend geworden. In der französischen Fußballliga der Frauen hatte in den vergangenen 13 Jahren immer Olympique Lyon die Meisterschaft gewonnen, aber am 14. März dieses Jahres, am 17. von insgesamt 22 Spieltagen in der Division 1 Féminine, da drohte diese Vormachtstellung wirklich zu bröckeln. Lyon, Tabellenführer, musste zum Rivalen nach Paris, drei Punkte trennten die Teams. Das Hinspiel hatte OL nur knapp 1:0 gewonnen. Ein Sieg von PSG — und es wäre in den folgenden Wochen zu einem selten gewordenen Showdown um die Meisterschaft gekommen.
Viele Sportgeschichten fangen in diesem Jahr so an, und gehen so weiter: Daraus wurde nichts. Wegen der Covid-19-Pandemie wurde die Partie abgesagt, auch die restlichen Spiele der Saison fielen aus — und Lyon wurde vom französischen Fußballverband zum Meister erklärt. Für Olympique war es der 14. Titel in Folge. Als hätte es das Aufmucken der Konkurrenz nicht gegeben. Alles schien wie immer.
Wenn am Abend PSG und OL um den Einzug ins Finale der Champions League spielen (20 Uhr), dann ist das auch eine Art Wiederholung für den 14. März. Es geht um den Nummer-eins-Status in Frankreich, und der ist auch mit der Vormachtstellung in Europa verbunden. Im Vorjahr hatte Lyon das Endspiel der Königsklasse 4:1 gegen den FC Barcelona gewonnen, für Olympique war es der sechste Titel binnen zehn Jahren. Aber es scheint, als könnte PSG so einen lockeren Durchmarsch in diesem Jahr verhindern.
Lyon legt los, Paris will hinterher
Für Olympique Lyon sind das ganz neue Zustände. Hier haben sie den Fußball der Frauen vielleicht nicht erfunden, aber in Lyon haben sie eine Chance gesehen, sich als Verein gleichzeitig für Männer und für Frauen starkzumachen. Lange waren die Männer von OL das Maß aller Dinge im französischen Fußball, 2004 sollten es dann auch die Frauen werden.
Der mächtige Klubpräsident Jean-Michel Aulas war jedenfalls sehr früh bereit, Millionenbeträge für die Abteilung auszugeben. Seit der Gründung vor 16 Jahren hat er reihenweise Topspielerinnen in den Verein gelotst, sogar die US-Superstars und Weltmeisterinnen Megan Rapinoe und Alex Morgan spielten bereits für den Klub. Sie blieben nicht lange, es war eher eine Grußbotschaft ins Land des mehrfachen Weltmeisters. Nach dem Motto: Europa macht jetzt auch mit. Und damit auch ein Gruß an alle anderen Klubs in Europa: Wir bekommen sie alle.
Heute stehen die beiden besten französischen (Wendie Renard und Amandine Henry), die beste deutsche (Dzsenifer Marozsán) und die womöglich weltbeste Spielerin (Ada Hegerberg; aktuell allerdings verletzt) im Kader. Allein die Norwegerin Hegerberg soll im Jahr 400.000 Euro verdienen. OL ist auch wegen ihr der wohl bekannteste Klub im Frauenfußball der Welt, und damit stehen auch die Spielerinnen in einem besonderen Rampenlicht. Marozsán, seit 2016 in Lyon, sagt gar, sie sei in Frankreich bekannter als in Deutschland.
In Paris werden sie die Entwicklung ziemlich genau beobachtet haben, denn inzwischen erkennt man bei PSG eine ähnliche Handschrift: immer mehr Topspielerinnen tummeln sich im Kader. Nach der WM 2019 in Frankreich, die für die Fifa für Rekordzuschauerzahlen sorgte und der nationalen Liga neue Sponsorendeals bescherte, schloss sich auch die deutsche Nationalspielerin Sara Däbritz mit Paris Saint-Germain einem Klub aus Frankreich an.
Wie die Männerabteilung von PSG wird auch die Frauenabteilung vom Geld der katarischen Investoren finanziert, die den Verein seit 2011 führen. Aber das Frauenteam ist eher der Gegenentwurf zu den Männern. Die 25-Jährige Däbritz gehört einem Team an, das nicht auf die ganz großen Namen setzt. Für PSG läuft zwar die ewige Formiga aus Brasilien auf, mit 42 Jahren ist sie noch immer Stammspielerin, aber an ihrer Seite gibt es vor allem viele französische und internationale Toptalente. Dieses Team hat seinen Zenit noch nicht erreicht.
Doch die Ergebnisse der vergangenen Spielzeit haben gezeigt, dass PSG auf Olympique Lyon kräftig aufgeholt hat. Wie sehr, wurde bereits im nachgeholten Pokalfinale Anfang August deutlich — nach 90 Minuten und Verlängerung stand es 0:0, Lyon setzte sich erst im Elfmeterschießen durch. Es ist ein Duell auf Augenhöhe geworden — und auf den Gewinner wartet am Sonntag der VfL Wolfsburg im Endspiel der Königsklasse.
Source: spiegel.de
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