суббота, 25 июля 2020 г.

Ebay Kleinanzeigen wird norwegisch: Der König der Online-Flohmärkte

Wenn es etwas gibt, das die Deutschen durch die Corona-Beschränkungen getragen hat, dann waren es ihre zwei liebsten Hobbys: Schnäppchenjagd und Frühjahrsputz. Als die Geschäfte schließen mussten und die Menschen in ihren Wohnungen verschwanden, suchten sie Abwechslung. Alter Krempel musste raus, neuer Krempel musste rein. Ebay Kleinanzeigen löste beide Probleme – und hatte damit offensichtlich viel Erfolg.

Im April wurden auf dem Portal alle Rekorde gebrochen: 40 Millionen Inserate zählte Ebay Kleinanzeigen gleichzeitig, so viele wie noch nie. Allein am Ostermontag wurden mehr als 1,3 Millionen Inserate geschaltet, am 1. Mai waren es 1,5 Millionen neue Einträge. Doch während die Deutschen noch um gebrauchte Fernsehgeräte und frisch genähte Mund-Nasen-Masken feilschten, lief hinter den Kulissen ein Ausverkauf, gegen den jede Kleinanzeige verblasst. Und eine Operation, die die europäische Medienlandschaft nachhaltig verändern wird. 

Vor wenigen Tagen wurde bekannt, dass sich der norwegische Medienkonzern Schibsted im Kampf um die Übernahme von Ebay Kleinanzeigen durchgesetzt hat. 9,2 Milliarden Euro blätterte Adevinta, ein abgespaltetes Unternehmen des skandinavischen Riesen, dafür auf den Tisch. 2,5 Milliarden Dollar flossen bar, der Rest wurde in Anteilen abgegolten. Ebay ist nun mit 44 Prozent Großaktionär von Adevinta, allerdings behält Schibsted die Mehrheit der Stimmrechte.

Drei, zwei, eins — seins! 

Der Kauf markiert das vorläufige Ende eines jahrelangen Wettbietens, in dem es um die Macht im Rubrikenmarkt geht. Waren es früher die Zeitungsverlage, die ein natürliches Monopol auf alles hatten, was nach Kleinanzeigen roch, übernahm im 21. Jahrhundert das Internet. Wer einen Job suchte, fand ihn bei LinkedIn, wer umziehen wollte, suchte erst mal bei Immoscout. Den analogen Flohmarkt, zumindest in Deutschland, schluckte Ebay Kleinanzeigen digital. 

Für die Verlage steckt im verlorenen Markt nicht nur eine gehörige Portion Nostalgie – sondern auch viel verflossenes Geld. Schibsted kann davon ein Lied singen. Der Konzern ist in Norwegen das, was Axel Springer für Deutschland ist. Mit «Aftenposten» und «Verdens Gang» gehören dem Unternehmen zwei der drei größten Tageszeitungen des Landes, dazu eine Reihe von Regional- und Lokalblättern. Das große Wachstum macht das Unternehmen aber nicht mit Journalismus – sondern schon bisher mit seinen Beteiligungen. Zu Adevinta gehören etwa Portale wie Shpock oder Willhaben in Österreich, Subito in Italien, DoneDeal in Irland oder Kufar in Weißrussland. Ein Konzern, den niemand kennt, kontrolliert die Kleinanzeigen in ganz Europa.

Die Leiden des alten Döpfner

Durch den Kauf von Ebay Kleinanzeigen, der bisher größten Akquisition des Konzerns, entsteht ein neues Unternehmen mit einem Umsatz von stolzen 1,8 Milliarden Dollar. Adevinta – und damit sein Mehrheitseigner Schibsted – wird damit zum weltweit größten Kleinanzeigenkönig. Das dürfte vor allem einen stören: Matthias Döpfner, Vorstandsvorsitzender von Axel Springer, dem Verlag, in dem «Bild» und «Welt» erscheinen. Ähnlich wie Schipsted hat auch der deutsche Medienkonzern in den vergangenen Jahrzehnten viel Geld in den Ausbau des Rubrikenmarkts gesteckt. Marken wie Stepstone (Jobs) und Immowelt (Immobilien) brachten Springer 2019 knapp 1,2 Milliarden Euro Umsatz ein. Geld, mit dem der Konzern die Verluste aus dem Journalismusgeschäft finanziert.

Wie stolz Döpfner auf seine Kleinanzeigen-Babys war, kann man in einem Interview nachlesen, das der Verleger vor einigen Jahren seiner eigenen Mitarbeiter-Zeitung gab. Darin schwärmt er über die «Schönheit des Rubrikenmarkts» und über den unternehmerischen Erfolg mit den «Classifieds», wie die Kleinanzeigen auf Englisch heißen. Springer beschreibt er in erster Linie nicht als Verlag, sondern als «Haus des digitalen Kleinanzeigengeschäfts».

Dass Döpfner Interesse an Ebay Kleinanzeigen hatte, war deshalb ein offenes Geheimnis, immer wieder wurde Springer als möglicher Käufer der Ebay-Sparte genannt. Am Ende musste sich der Konzern aber geschlagen geben. Obwohl dank des milliardenschweren Investors KKR eigentlich mit genügend Kleingeld ausgestattet, zog sich Springer bereits vor Wochen aus dem Bieterkreis zurück. Nicht zum ersten Mal geht der Berliner Medienkonzern leer aus: Als Scout24 vor wenigen Monaten sein Portal Autoscout24 loswurde, musste Springer bei den geforderten 2,9 Milliarden Euro passen

Späte Rache 

Der Sieg bei Ebay Kleinanzeigen macht aus Schibsted das, was Springer immer sein wollte: Das «größte paneuropäische Rubriken-Portfolio» sollte man haben, so formulierte es der Konzern 2017. Mit ihren Erfolgen gingen die Springer-Vorstände sogar konzernintern auf «AS↯DC»-Tour, in London und New York. Die Abkürzung steht für «Axel Springer Digital Classifieds». Nun muss der Verlag die Krone nach Skandinavien abgeben.

Dass sich ausgerechnet Schibsted und Springer um die Vorherrschaft im Kleinanzeigengeschäft balgen, entbehrt nicht einer gewissen Ironie. In Deutschland hat man mit den aggressiven Praktiken der Norweger schon einige Erfahrung. Schon im Jahr 1999 zerrte Springer die skandinavische Konkurrenz vor Gericht, es war der Höhepunkt im sogenannten «Kölner Zeitungskrieg». Mit seinem Gratisblättchen «20 Minuten Köln» machte Schibsted den Boulevard-Platzhirschen «Bild» und «Express» Konkurrenz. 

Als Reaktion gab es einstweilige Verfügungen, ein Verfahren vor dem Bundesgerichtshof (BGH) – und zwischenzeitlich drei verschiedene Gratiszeitungen in Köln. Schlussendlich, im Jahr 2001, entschied Schibsted, genug Geld verbrannt zu haben und zog sich aus dem deutschen Markt zurück, noch bevor der BGH über den angeblich «sittenwidrigen Vernichtungswettbewerb» entscheiden konnte. Den Zeitungskrieg entschied Springer für sich. Nach dem Sieg der Norweger im Anzeigenkrieg steht es gewissermaßen 1:1. 

Was wird nun aus Ebay?

Wie das Spiel für deutsche Schnäppchenjäger ausgeht, ist offen. Ebay musste sein Kleinanzeigengeschäft auch deshalb loswerden, weil seine Investoren auf eine Rückkehr zum Kerngeschäft drängen. Ausgerechnet bei Auktionen, wo das amerikanische Unternehmen mit Größen wie Amazon konkurriert, soll Ebay wieder groß werden. Das kommt vor allem für die deutsche Sparte zu einem denkbar schlechten Zeitpunkt.  

Noch im vergangenen Jahr sagte Ebay-Deutschland-Chef Eben Sermon dem «Handelsblatt», er wolle «Ebay und Ebay Kleinanzeigen immer enger zusammenbringen und so den lokalen und den globalen Handel noch nahtloser verzahnen.» Mit diesen Synergien ist es erst mal vorbei. Wer seinen alten Krempel in Zukunft loswerden will, muss sich entscheiden: Verkaufe ich bei Ebay? Oder doch lieber bei einem norwegischen Verlag?

Icon: Der Spiegel

Source: spiegel.de

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