Die diplomatische Laufbahn von Robert Wood Johnson dem Vierten, genannt Woody, folgt in ihrer Entstehung einem in der US-Politik gängigen Muster: Ein erfolgreicher Geschäftsmann macht sich als Großspender oder Spendenbeschaffer um den Wahlkampf eines Präsidentschaftskandidaten verdient. Der Kandidat zieht ins Weiße Haus ein und revanchiert sich mit einem Botschafterposten — bisweilen in der sonnigen Karibik, oft im alten Europa.
Johnson, milliardenschwerer Erbe aus der Konzerndynastie Johnson & Johnson und Eigentümer des American-Football-Teams New York Jets, hatte im Vorwahlkampf der Republikaner vor vier Jahren zunächst Jeb Bush unterstützt. Dann wechselte er das Lager. Als Vizechef des «Fundraising»-Teams für Donald Trump und die Republikaner stellte er den politischen Außenseiter und späteren Präsidenten in gut betuchten Parteikreisen vor.
Das Engagement zahlte sich aus, Trump wurde gewählt — und machte Johnson 2017 zum US-Botschafter in London. So weit, so üblich.
Berichte über rassistische und sexistische Kommentare
Alles andere als üblich sollen allerdings Johnsons Amtsführung und Amtsverständnis als Botschafter sein, wenn man den Berichten verschiedener US-Medien glaubt. Diese beschrieben eine Reihe von Vorwürfen gegen den Botschafter. Es geht um Rassismus, Sexismus und den Einsatz für die geschäftlichen Interessen des Präsidenten in offizieller Funktion — demnach versteht sich Johnson eher als Gesandter im Auftrag Trumps denn im Auftrag der USA.
Laut einem Bericht des Senders CNN, der sich auf einen Diplomaten und drei weitere Quellen beruft, soll sich Johnson rassistisch-verallgemeinernd über afroamerikanische Väter geäußert haben. Diese würden nicht bei ihren Familien bleiben, das sei die «eigentliche Herausforderung» für die schwarze Community in den USA.
Johnson soll zudem gefragt haben, weshalb Schwarze eigentlich einen eigenen Monat wollten, in dem schwarze Geschichte gefeiert werde: eine Anspielung auf den «Black History Month», der in den USA seit Jahrzehnten im Februar begangen wird. 2018 habe Johnson vor einer Veranstaltung, mit der die Botschaft den Monat feiern wollte, aufgebracht danach gefragt, ob das Publikum ein «ganzer Haufen schwarzer Leute» sei.
CNN berichtet zudem unter Berufung auf zwei Informanten, es sei schwer gewesen, Johnson für eine Veranstaltung zum Internationalen Frauentag zu gewinnen. Einer Quelle zufolge habe er gefragt, weshalb er an einer solchen «feministischen Veranstaltung» teilnehmen sollte. Johnson lud dem Bericht zufolge auch zu offiziellen Treffen in einen Klub nur für Männer. Zudem soll er auch immer wieder das Aussehen von Frauen kommentiert haben. Und die Zeitung «USA Today» berichtete, Johnson habe Angestellten untersagt, in seiner Gegenwart das Wort «Diversität» zu benutzen.
Johnson bestreitet die Vorwürfe. «Ich habe mich stets an die ethischen Regeln und Anforderungen meines Amtes gehalten», schrieb er bei Twitter. Behauptungen über «unsensible Bemerkungen zu Rasse und Geschlecht» seien falsch und stünden in völligem Widerspruch zu seinen Werten.
Der Causa Johnson hat sich laut CNN inzwischen der Generalinspekteur im US-Außenministerium — eine Art interner Oberaufseher — angenommen; er untersucht demnach seit vergangenem September die Rolle Johnsons. Ein Bericht dazu stehe noch aus. Auch sei unklar, inwieweit die Untersuchung die beschriebenen Kommentare zum Gegenstand habe.
Sicher sei hingegen, dass der Generalinspekteur einen anderen Vorwurf prüfe, über den vor CNN schon die «New York Times» berichtet hatte. Demnach erzählte Johnson im Februar 2018 mehreren Kollegen davon, Präsident Trump habe ihn gebeten auszuloten, ob die British Open — eines der vier wichtigsten Golfturniere der Welt — im Golf-Resort «Trump Turnberry» in Schottland ausgetragen werden könnten.
Gegen den Rat von Lewis Lukens, damals Nummer zwei in der US-Botschaft in London, sei Johnson dem Wunsch des Präsidenten nachgekommen, berichtet die Zeitung. Der Botschafter sprach demnach David Mundell, zu der Zeit Schottland-Minister im britischen Kabinett, auf die Möglichkeit an, das Turnier auf dem Golfkurs des Präsidenten stattfinden zu lassen.
Trump dementierte den Bericht. Er habe mit Johnson nie über Turnberry gesprochen, sagte der Präsident. Johnson stritt den Vorwurf nicht explizit ab, sondern teilte lediglich mit, er habe keinerlei Vorschriften verletzt. Von Mundell hieß es auf Anfrage der «New York Times», es sei «unangebracht», über seinen Umgang mit Johnson zu sprechen. Stattdessen verwies er auf ein Statement der britischen Regierung, wonach Johnson «keinerlei Ersuchen an Mr Mundell hinsichtlich der British Open oder irgendeiner anderen Sportveranstaltung» gerichtet habe.
Die Personalie Johnson könnte Trump im Wahlkampf noch beschäftigen. Eliot Engel, der demokratische Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im US-Repräsentantenhaus, will sich CNN zufolge der Angelegenheit annehmen.
Unabhängig von möglichen Auswirkungen auf den Präsidentschaftswahlkampf könnten die Vorwürfe gegen Johnson eine andere Folge haben. 2016 hatte der Footballspieler Colin Kaepernick damit begonnen, beim Abspielen der Nationalhymne durch Niederknien gegen Rassismus und Polizeigewalt gegen Schwarze zu protestieren. Bald war er aus der US-Profiliga NFL verschwunden; für manche wurde er zum Helden, für andere zur Hassfigur — darunter Trump und viele seiner Anhänger.
Nun, angesichts der Vorwürfe gegen Trumps Intimus Johnson, könnte der Sport erneut zur politischen Bühne werden. Davon wäre auch Johnson als Teambesitzer betroffen. Jamal Adams, einer der bekanntesten Spieler von Johnsons New York Jets, kommentierte den CNN-Bericht über die Vorwürfe auf Twitter: «Wir brauchen die richtigen Leute an der Spitze. Falsch ist falsch!»
Source: spiegel.de
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