Die Metall- und Elektrobranche ist in der Krise. Rund 4.700 Betriebe hatten im Januar Kurzarbeit bei der Bundesagentur für Arbeit angemeldet, im Februar waren es schätzungsweise sogar 5.600. Die Flaute hat nicht nur konjunkturelle Gründe. Auch tiefgreifende Veränderungen wie die Digitalisierung, zunehmende Automatisierung oder die Verkehrswende machen der Branche zu schaffen. Viele Arbeitsmarktforscher sagen, dies sei erst der Anfang: Weitere Branchen würden folgen. Der Wandel werde zwar keine Massenarbeitslosigkeit auslösen, aber dennoch Tausende Jobs kosten.
Laut einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) werden nicht nur Geringqualifizierte betroffen sein, sondern vor allem viele Menschen, die in Industrie und Handwerk arbeiten. Hier beträgt der Studie zufolge das Risiko, in absehbarer Zeit von einer Maschine ersetzt zu werden, über 50 Prozent. Übt man eine Helfertätigkeit aus, ist das Risiko mit 70 Prozent noch größer. Dagegen gelten soziale Berufe wie Erziehung und Pflege mit einem Risiko von rund fünf Prozent als vergleichsweise sicher, haben die IAB-Forschenden ermittelt.
Freilich ist unklar, ob und wann solche Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt tatsächlich Wirkung zeigen. Dennoch stellt sich die Politik auf einen tiefgreifenden Wandel ein, der lebenslanges Lernen erforderlich macht und von Arbeitenden verlangt, sich auch in der Mitte des Berufslebens noch einmal ganz neu zu orientieren. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hatte daher schon im vergangenen August Eckpunkte vorgestellt, wie die arbeitsmarktpolitischen Förderinstrumente fortentwickelt werden können. Nun hat sein Ministerium den Entwurf für das sogenannte Arbeit-von-morgen-Gesetz veröffentlicht. Das Gesetz könnte am Mittwoch im Bundeskabinett beschlossen werden.
Beim Namen hat sich Heil von Familienministerin Franziska Giffey inspirieren lassen, die den Gesetzesvorhaben in ihrem Ressort gerne griffige Titel gibt wie das Gute-Kita-Gesetz. Das Arbeit-von-morgen-Gesetz enthält aber weniger den großen Wurf als mehr eine Reihe schon bestehender Instrumente, die ausgebaut werden sollen. Ein allgemeines Recht auf Weiterbildungen – wie ursprünglich von der neuen SPD-Spitze gefordert — fehlt gänzlich, dafür sieht der Entwurf einen Rechtsanspruch für Geringqualifizierte auf eine geförderte berufliche Weiterbildung vor. Künftig sollen diese Menschen das Recht haben, einen beruflichen Abschluss nachholen zu können. Geförderte Weiterbildungen soll es auch für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer geben, die von Arbeitslosigkeit bedroht sind und bereits in eine Transfergesellschaft überstellt wurden. Das einzig Neue daran: Die Förderung soll unabhängig von Alter und bisheriger Qualifikation erfolgen.
Weniger Bürokratie für Arbeitgeber
Ganz generell nimmt der Gesetzesentwurf vor allem jene in den Blick, bei denen schon heute absehbar ist, dass sie es auf dem Arbeitsmarkt von morgen schwer haben werden: Ungelernte, Angelernte, Geringqualifizierte und Menschen, die bereits von Arbeitslosigkeit bedroht sind, weil ihr Arbeitgeber gerade abgewickelt oder umstrukturiert wird und für sie künftig kein Job mehr vorhanden ist.
Für alle anderen sind präventive Maßnahmen zwar möglich, die Ausgestaltung soll aber laut dem Gesetzentwurf bei den Sozialpartnern, also Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden, liegen. Diese sollen zum Beispiel gemeinsam festlegen, welche Lohnzuschüsse oder Lehrgangskosten für Beschäftigte gezahlt werden. Es gibt aber ein Problem: Viele Fachkräfte, die vom Strukturwandel betroffen sein werden, arbeiten in nicht tarifgebundenen Unternehmen – für sie würden solche Regelungen also gar nicht greifen.
Der Gesetzesentwurf sieht auch einige Erleichterungen für Arbeitgeber vor. Auf ihnen lastet schließlich der Druck, entweder ganz neue Geschäftsfelder zu entwickeln oder aber Arbeitsabläufe komplett umzustrukturieren und dabei die Qualifizierungsmaßnamen für die Beschäftigten voraussagen und planen zu müssen. Ganz zu schweigen von den Weiterbildungskosten: In Zukunft sollen Firmen unbürokratischer gefördert werden. Generell sollen Unternehmen Fördermittel erhalten können, wenn «ein größerer Anteil der Beschäftigten eines Betriebes einer Anpassung der beruflichen Kompetenzen bedarf», heißt es in dem Entwurf. Wie viel genau, steht jedoch noch nicht fest.
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