Marco Schilke dürfte in Rosenow in Mecklenburg-Vorpommern einer der ersten Skater gewesen sein. «Mit einem Kumpel zusammen habe ich vor der Markthalle oder in der Spielstraße Tricks versucht», sagt der heute 32-Jährige. Er habe von seinen Eltern ein gutes Skateboard bekommen, mit 4er-Kugellager und gummierten Rollen. «Wir wurden öfter von Anwohnern gefragt, was wir da machen, was das ist, dieses Skateboarden.» Das war im Jahr 2000, und angefangen hatte alles mit einem Videospiel.
1999 erschien das erste «Tony Hawk’s Pro Skater» und wurde zu einem Phänomen. Über die Jahre sind 19 Teile und Spin-Offs erschienen, die sich zusammen mehr als 30 Millionen Mal verkauft haben. Besonders die ersten vier Teile begeisterten durch ihre Ästhetik, Musik und das flüssige Gameplay, sie wurden zu einem Impuls für den Skateboard-Hype Anfang 2000. Nun erscheint mit «Tony Hawk's Pro Skater 1+2» das Remake der ersten beiden Teile (siehe Bilderstrecke):
Foto: Activision / MobyGames
Bei vielen dürfte das nostalgische Erinnerungen wecken. Zwei Spieler und eine Spielerin von damals blicken zurück und erzählen, wie «Tony Hawk» sie vom Computer weg und aufs Skateboard gelockt hat:
«Die Nächte um die Ohren gehauen»
«Ich habe die «Tony Hawk»-Spiele immer zusammen mit einem Kumpel von mir gespielt. Wir haben uns die Nächte um die Ohren gehauen», sagt Marco Schilke. Damals war er zwölf Jahre alt. Das Gameplay, die Grafik, der Soundtrack, all das habe die beiden damals schwer begeistert — so sehr, dass sie es schließlich selbst ausprobieren wollten.
«Für mich gehörte direkt die Kleidung mit dazu, darum habe ich angefangen, Klamotten der Skater-Marke Titus zu tragen», sagt er. Ähnliches galt für die Musik: Der Track «Superman» der Band Goldfinger spielte im ersten Teil von «Tony Hawk» und war fortan Teil von Schilkes Leben. Und natürlich das Skateboarden selbst, immer mit dem Freund zusammen. «Ich habe das als eine prägende Zeit in Erinnerung», sagt er. Auch wenn das Skateboard nach etwa drei Jahren weichen musste: «Dann kam der Mopedführerschein, und das wurde wichtiger.»
«Fürs Skaten brauchst du nicht viel»
Durch eine Demoversion von «Tony Hawk's Pro Skater 2», die einer PC-Zeitschrift beilag, hat Michael Krogmann, heute 34, mit dem virtuellen Skateboarden angefangen. «Ich habe die Demo immer wieder gespielt, konnte alles auswendig, bis ich dann endlich das volle Spiel zu Hause hatte», sagt er. Das war der Anfang seiner Skateboard-Begeisterung. In den Zwischensequenzen des Spiels sind reale Skater zu sehen, digitalisierte Filmaufnahmen: «Wären diese Sequenzen nicht so geil gewesen, wäre ich wohl nie auf die Idee gekommen, selbst zu skaten», sagt Krogmann. «Fürs Skaten brauchst du nicht viel. Ein Board, einen Hof oder eine Straße, das reicht erstmal.»
Zum Geburtstag bekam er ein Skateboard und habe sich dann Trick für Trick das beigebracht, was er zuvor im Spiel noch virtuell ausprobiert hatte. «Ich habe Ehrgeiz entwickelt, bin zu Skateboard-Wettkämpfen gefahren und habe da sogar Skater gesehen, die ich aus dem Spiel kannte – Gänsehaut!» Und nach einem Tag mit dem Skateboard auf Kirchentreppen oder Bordsteinen startete er abends nochmal das Spiel, um zu checken, wie viele Punkte er für die Tricks bekommen würde, die er inzwischen schon real beherrschte.
Auch heute skatet Michael Krogmann noch, versucht sich immer noch an den Tricks, die er im Spiel schon beherrscht. «Diese Spiele sind mir wichtig, durch sie bin ich im Herzen ein Skateboarder geworden.»
«Wir hatten einen speziellen Handschlag»
Auch Mandy Strebe versuchte sich auf dem Skateboard: «Mein älterer Cousin wollte mir einen Ollie beibringen. Hat nicht wirklich geklappt», sagt die 31-Jährige. Das habe ihren Spaß am Videospiel jedoch nicht geschmälert. «Besonders «Tony Hawk's Pro Skater 2″ habe ich mit meinem jüngeren Cousin stundenlang gespielt», sagt sie. Immer nach der Schule, damals war sie 12, seien sie zu ihm nach Hause und hätten sich in das Spiel vertieft. «Wir hatten Lieblingsmaps, sogar Lieblingsplätze in diesen Maps. Haben unsere eigenen Spiele innerhalb des Spiels erfunden.» Fangen hätten sie etwa gespielt – einer musste den anderen virtuell auf dem Skateboard einholen.
Zwei Aspekte hätten Mandy allerdings besonders geprägt. Erstens der Skateboarder Kareem Campbell, der Teil des Spiels war: «In den war ich damals ziemlich verknallt.» Zweitens ein spezielles Lied, das Teil des Soundtracks war: «Immer wenn «Blitzkrieg Bop» von den Ramones kam, haben mein Cousin und ich einen speziellen Handschlag ausgeführt», sagt Strebe. Bei dem «Hey Ho Let's Go» des Refrains schlugen sie die Fäuste aneinander, um dann die Hände zusammenzuklatschen – erst bei sich selbst, dann beim anderen. «Wenn ich heute dieses Lied höre, muss ich sofort an die damalige Zeit denken und wie viel Spaß wir mit dem Spiel hatten.»
Das Remake möchte Mandy Strebe nun auch spielen. Zu ihrem Cousin hat sie heute kaum noch Kontakt, aber: «Ich denke, ich werde ihn mal wieder anschreiben, um das Remake online zusammen zu spielen. Dann können wir in Kindheitserinnerungen schwelgen.»
Source: spiegel.de
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