четверг, 24 сентября 2020 г.

Eis-Schmelze in der Arktis: «Diese Schlacht ist verloren»

Das Eis schmilzt. Und das schon lange. Es gibt kaum ein besseres Beispiel als die Arktis, um zu zeigen, was der Klimawandel mit der Erde anrichtet.

Christoph Seidler, DER SPIEGEL:
«Die Arktis erwärmt sich seit ungefähr 30 Jahren, sagen wir mal plus minus doppelt so schnell wie der Rest des Planeten.»

Dieser Anstieg hatte gerade im vergangenen Jahrzehnt dramatische Folgen. Und in diesem Jahr ist die Entwicklung besonders extrem zu sehen. Dass das Eis der Arktis im Sommer zurückgeht, ist zwar ganz normal. Das passiert jedes Jahr. So allerdings sah dieser Prozess in den Achtzigerjahren aus. Und so in den vergangenen Jahren. Es wird klar: Am Ende des Sommers ist mittlerweile deutlich weniger Eis übrig als noch vor 30 Jahren. Und in diesem Jahr war es so wenig wie fast noch nie. Am 15. September wurden 3,74 Millionen Quadratkilometer gemessen. Zum Vergleich: Die rote Linie zeigt das durchschnittliche Minimum zwischen 1981 und 2010.

Es ist erst das zweite Mal, dass die Eisdecke weniger als 4 Millionen Quadratkilometer ausmacht. Nur 2012 war noch weniger Eis übrig, damals waren es sogar nur 3,39 Millionen Quadratkilometer.

Aber warum ist es in diesem Jahr so extrem?

Christoph Seidler, DER SPIEGEL:
«Es sind mehrere Dinge gleichzeitig passiert. Das Eis ist sozusagen von oben und von unten gleichzeitig geschmolzen. Wir hatten oben in Anführungsstrichen mehrere Hitzewellen. Wir haben ja auch gesehen, dass das in Sibirien beispielsweise zu diesen großen Bränden beigetragen hat. Gleichzeitig ist es so: Wenn das Eis mal schmilzt, dann ist diese weiße reflektierende Oberfläche auf dem Ozean weg. Dann ist da was, was dunkel ist. Dann ist es nicht mehr so, dass die Sonneneinstrahlung reflektiert wird, die reinkommt. Dann erwärmt sich das Wasser also weiter. Dann kann das warm werden und schmilzt auch von unten.»

Wie dramatisch die Entwicklung in einem Jahr genau ausfällt, hängt auch vom Wetter ab. In diesem Jahr zum Beispiel hat ein Sturm in der kanadischen Region der Arktis Eisschollen auseinander getrieben, die dann schneller geschmolzen sind. Aber auch ohne neue Rekorde ist der dauerhafte Rückgang schon lange sichtbar.

Christoph Seidler, DER SPIEGEL:
«Die 14 Jahre mit der geringsten Eisausdehnung, die wir haben, sozusagen seit Beginn der Satellitenmessungen Ende der Siebziger, das waren die letzten 14 Kalenderjahre. Im Grundsatz ist die ganze Region im Prinzip, wie Forscher sagen, mittlerweile in einem neuen Klimaregime angekommen. Das heißt, dort ist diese Wärme drin, und sie geht auch nicht mehr raus. Und auch selbst in einem richtig richtig kalten Winter würde sich das Eis im Zweifelsfall gar nicht mehr so weit ausdehnen, wie es sich beispielsweise Mitte des 20. Jahrhunderts noch ausgedehnt hat.»

Eine Folge des Klimawandels ist der globale Meeresspiegel. Daran ändert der Prozess des schmelzenden Meereises allerdings nichts. Denn das Eis liegt nicht auf einer Landmasse, sondern ist bereits Teil des Meeres.

Christoph Seidler, DER SPIEGEL:
«Das ist ein bisschen wie bei den Würfeln im Cola-Glas, bei den Eiswürfeln. Wenn die schmelzen, läuft das Cola-Glas auch nicht über. Und so ähnlich ist es auch hier.»

Anders ist das beispielsweise bei Gletschern in Grönland, hier liegt das Festlandeis der Arktis. Wenn das schmilzt und ins Meer rutscht, erhöht das den Meeresspiegel. Erst vor wenigen Wochen ist eine 113 Quadratkilometer große Eisfläche vom größten verbliebenen Gletscher Grönlands abgebrochen. Zuvor waren über Jahre mehr und mehr Risse entstanden.

Eine noch viel größere Rolle mit Blick auf den Meeresspiegel spielt die Antarktis rund um den Südpol. Denn hier liegt eine sehr große Festlandmasse zu Grunde. So gibt es hier also auch viel mehr Festlandeis, das ins Meer fließt, wenn es schmilzt.

Aber auch schmelzendes Meereis hat gravierende Folgen. Zunächst, weil die sich erwärmenden Ozeane direkt zur Erderwärmung beitragen. Und zusätzlich bringt die Entwicklung auch die Tierwelt der Arktis durcheinander.

Christoph Seidler, DER SPIEGEL:
«Auf einmal entsteht vor unseren Augen ein neuer Ozean. Das heißt, die gesamten Ökosysteme, die es dort gibt, ändern sich. Ganz klassisch: Der Eisbär kann dann eben irgendwie ab dem Frühjahr nicht mehr jagen oder hat Schwierigkeiten beim Jagen, weil er nicht mehr dort rankommt, wo die Robben sind. Die Fische bewegen sich in immer nördlicheren Regionen, wo sie bis jetzt gar nicht waren in den Sommermonaten. Und so weiter.»

Ein Ende der Entwicklung ist nicht in Sicht. Im Gegenteil: Vielmehr ist der Ausblick auf die kommenden Jahre fatal:

Christoph Seidler, DER SPIEGEL:
«Es hat ja immer mal Prognosen gegeben, wann der Nordpol im Sommer eisfrei sein könnte. Und klar ist: Wir bewegen uns sozusagen in diese Richtung. Ob das am Ende im Jahr 2039 oder im Jahr 2042 sein wird, das wird man sehen. Aber es geht langfristig nach unten. Wir liegen jetzt weit unter den langfristigen Trends, und wir gehen sozusagen auch im Trend nach unten. Und das ist ein Prozess. Da müsste man sich jetzt schon sehr, sehr, sehr, sehr anstrengen, um dem arktischen Meereis irgendwie eine Chance für die Zukunft zu geben. Ich sehe das nicht. Im Prinzip ist das ein Schlachtfeld, wo die Schlacht im Prinzip schon geschlagen und verloren ist. Das heißt aber nicht, dass wir uns um diese Frage nicht kümmern müssen. Es ist natürlich auch für die weitere Entwicklung in der Arktis wichtig, wie viel CO2 die Menschheit ausstößt. Das arktische Eis hat aber sozusagen auf mittlere Sicht im Sommer sehr, sehr schlechte Karten.»

Source: spiegel.de

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