суббота, 11 июля 2020 г.

Hagia Sophia/Türkei: Erdogan verschärft Spannungen mit Russland

Wegen der geplanten Umwandlung der Hagia Sophia — bislang ein Museum — in eine Moschee droht Griechenland der Türkei mit Konsequenzen. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan habe einen «historischen Fehler begangen», warnte der griechische Regierungssprecher Stelios Petsas. Es handele sich um eine Beleidigung der christlichen Welt, darauf müsse eine entsprechende Antwort geben werden. Die EU, Russland und die USA nannten die Entscheidung bedauerlich. Die russisch-orthodoxe Kirche zeigte sich entsetzt.

Das Oberste Verwaltungsgericht der Türkei hatte am Freitag den Status der einstigen Kirche als Museum aberkannt. Daraufhin ordnete Präsident Erdogan an, das Gebäude für das islamische Gebet zu öffnen. In dem am Samstag für Besucher geschlossenen Wahrzeichen begannen bereits Vorbereitungen für die Umwidmung. Mitarbeiter des Tourismusministeriums inspizierten die Kuppel und die Minarette, wie die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu berichtete.

Der Vorsitzende der Religionsbehörde Diyanet, Ali Erbas, sagte: «Wir haben mit der erforderlichen Arbeit begonnen.» Er hoffe, bis zum 24. Juli fertig zu sein. Nach Erdogans Willen soll die einstige Kirche dann als Moschee genutzt werden können.

Die Hagia Sophia (griechisch: Heilige Weisheit) wurde im 6. Jahrhundert nach Christus erbaut und war Hauptkirche des Byzantinischen Reiches, in der die Kaiser gekrönt wurden. Nach der Eroberung des damaligen Konstantinopels durch die Osmanen im Jahr 1453 machte Sultan Mehmet II. das Bauwerk zur Moschee. Er ließ als äußeres Kennzeichen vier Minarette anfügen. Auf Betreiben des türkischen Republikgründers Mustafa Kemal Atatürk ordnete der Ministerrat im Jahr 1934 die Umwandlung der Hagia Sophia in ein Museum an.

Weil die Hagia Sophia eine so große Bedeutung für die Orthodoxie hat, kamen die deutlichsten Reaktionen aus Griechenland und Russland. Metropolit Ilarion vom Moskauer Patriarchat sprach von einem «Schlag gegen die Orthodoxie»: «Für alle orthodoxen Christen auf der Welt ist die Hagia Sophia ein wichtiges Symbol, wie der Petersdom in Rom für die Katholiken.» Die Umwidmung werde die Beziehung der Türkei zur christlichen Welt beeinflussen.

Die innenpolitische Lage in der Türkei und die Faktoren, die zur Umwidmung geführt hätten, könnten unterschiedlich eingeschätzt werden, sagte der Metropolit weiter. «Aber das geistige und kulturelle Erbe einer ganzen Welt sollte nicht als Geisel einer politischen Situation genommen werden.»

Auch der Ökumenische Rat der Kirchen übt Kritik. Der amtierende Generalsekretär des Rates, Ioan Sauca, sprach in dem am Samstag veröffentlichten Schreiben von «Trauer und Bestürzung». Die Hagia Sophia sei «ein Ort der Offenheit, der Begegnung und der Inspiration für Menschen aller Nationen und Religionen». Bislang sei sie ein Symbol gewesen für die «Verbundenheit der Türkei mit dem Säkularismus» und ihrem «Wunsch, die Konflikte der Vergangenheit hinter sich zu lassen». Sauca kritisierte, dass Erdogan «dieses positive Zeichen der Offenheit der Türkei in ein Zeichen der Ausgrenzung und Spaltung verwandelt» habe. Dem Ökumenischen Rat der Kirchen gehören rund 350 christliche Kirchen an, er vereint etwa 500 Millionen Gläubige.

Russlands Vize-Außenminister Alexander Gruschko erinnerte an die Bedeutung der Hagia (Aussprache: Aja) Sophia. Es gebe heute nicht mehr viele Symbole mit solch einer jahrhundertealten Geschichte, die auch Einfluss auf die Entwicklung der Menschheit gehabt hätten, sagte er der Nachrichtenagentur Interfax.

Gruschko erwartet nun von der Türkei, das Gebäude zu schützen, zu erhalten und weiter öffentlich zugänglich zu lassen: «Ich hoffe sehr, dass alle Verpflichtungen (…) vollständig umgesetzt werden.»

Ähnlich äußerte sich zuvor die USA. Die Weltkulturerbestätte müsse weiterhin für alle Besucher offen bleiben, hieß es. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borell nannte die türkische Entscheidung «bedauerlich», denn die Türkei habe sich als Gründungsmitglied des Bündnisses der Zivilisationen zur Förderung des interreligiösen Dialogs und der Toleranz verpflichtet.

Der griechische Regierungschef Kyriakos Mitsotakis hatte zuvor schon erklärt, dass der Beschluss Erdogans Folgen für die Beziehungen der Türkei zur EU haben werde. Griechenland und der Nachbar der Türkei streiten sich ohnehin schon um Erdgasvorkommen im Mittelmeer und über verschiedene Migrationsthemen.

Die griechische Presse reagierte am Samstag mit Schlagzeilen wie «Die Hagia Sophia ist Opfer des Größenwahns Erdogans geworden» (konservative Zeitung «Kathimerini»). «Unsinn ohne Ende», hieß es in der konservativen Zeitung «Eleftheros Typos». Griechische Kommentatoren meinten, Erdogans Türkei entferne sich mit großer Geschwindigkeit vom Laizismus, der Trennung von Staat und Religion, und sei auf dem Weg der vollen Islamisierung.

Icon: Der Spiegel

Source: spiegel.de

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