вторник, 7 июля 2020 г.

Flüchtlinge auf Viehfrachter vor Malta: «Heute ist der letzte Tag, an dem ich sie versorgen kann»

An der Außengrenze der EU spielen sich dieser Tage schauerliche Szenen ab. Mal wieder. Vor Malta liegt der Viehfrachter MV «Taila» mit 50 Migranten an Bord — 20 von ihnen haben laut Kapitän Mohammad Shaaban ernsthafte gesundheitliche Probleme.

Der Viehfrachter ist — anders als die Rettungsschiffe von Nichtregierungsorganisationen — nicht auf Migranten vorbereitet. Normalerweise transportiert Shaaban mit seinem Schiff Kühe übers Mittelmeer. Zurzeit hausen in den dreckigen, stinkenden Ställen der MV «Taila» Flüchtlinge, die er am Freitag auf hoher See gerettet hat. An Bord gibt es keine medizinische Versorgung für die Menschen, und nun gehen auch die Vorräte aus. «Bitte bringen Sie die Migranten so schnell wie möglich an Land», appelliert Shaaban an die maltesischen Behörden.

Doch noch immer warten der Kapitän, die Crew und die Flüchtlinge unter schwierigsten hygienischen Bedingungen auf eine Entscheidung der Behörden.

Der Kapitän war gerade auf dem Weg von Libyen nach Cartagena in Spanien, als sich am Freitag um 10 Uhr das Malta Rescue Cordination Center bei ihm meldete. Die Rettungsleitstelle forderte ihn auf, den Kurs zu ändern. Eine halbe Stunde später hatte die MV «Taila» die angewiesene Position 49 Seemeilen südwestlich von Lampedusa erreicht — und nahm 52 Flüchtlinge an Bord, die sich mit ihrem überfüllten, kleinen Boot in Seenot befanden.

Danach irrte das Frachtschiff hilflos durchs Mittelmeer. Erst verweigerte Italien die Einfahrt. Dann stellte sich Malta quer. Am Sonntag durfte Shaaban wegen stürmischen Wetters schließlich doch vor Malta ankern. Seitdem liegt er hier und wartet.

SPIEGEL: Wie ist die Lage bei Ihnen an Bord?

Shaaban: Die Behörden antworten uns nicht. Und die Migranten kommen zu mir und bitten um Essen und Wasser. Aber meine Vorräte gehen aus. Heute ist der letzte Tag, an dem ich sie versorgen kann. Und es ist schon zu Kämpfen unter ihnen gekommen.

SPIEGEL: Worum ging es?

Shaaban: Zigaretten. Einer hatte noch eine Packung, ein anderer nicht, so begann die Schlägerei. Wir haben ihnen Zigaretten gegeben, aber jetzt haben wir keine mehr. Wir brauchen Sicherheitskräfte, die die Migranten vor sich selbst und natürlich auch die Crew beschützen. Die Situation kann außer Kontrolle geraten.

SPIEGEL: Wie viele Flüchtlinge befinden sich auf Ihrem Schiff?

Shaaban: Jetzt sind es noch 50. Zwei wurden aus medizinischen Gründen evakuiert.

SPIEGEL: Den anderen geht es gut?

Shaaban: Nein! Sie befinden sich alle in schlechtem Zustand. Und 20 haben ernste gesundheitliche Probleme. Manche zeigen kaum Lebenszeichen, essen nicht, können sich kaum noch bewegen. Andere haben ernste Entzündungen. Und alle haben fünf Tage bei schlechtem Wetter auf offener See verbracht, ohne Trinkwasser und Lebensmittel.

SPIEGEL: Wie haben Sie die Migranten untergebracht?

Shaaban: Zuerst waren sie auf dem Oberdeck. Aber dann wurde das Wetter stürmisch, es gab hohe Wellen. Ich hatte Angst, dass sie über Bord fallen könnten und brachte sie in die Ställe im sechsten Unterdeck.

SPIEGEL: Wo normalerweise das Vieh untergebracht ist?

Shaaban: Ja. Zuletzt haben wir Rinder transportiert. Eigentlich wollten wir die Ställe auf hoher See reinigen. Wir waren gerade auf dem Weg von Libyen nach Cartagena in Spanien. Das Saubermachen dauert drei bis vier Tage. Aber wir wurden schon zwölf Stunden nach unserer Abfahrt aufgefordert, unseren Kurs zu ändern, um Menschen in Seenot aufzunehmen. Deshalb sind die Quartiere fürs Vieh, in denen die Flüchtlinge jetzt leben, noch voller Dreck und Gestank.

SPIEGEL: Was passierte, nachdem Sie die Migranten gerettet hatten?

Shaaban: Die Rettungsleitstelle von Malta teilte uns mit, wir sollten vier Stunden warten. Dann würde die Marine die Flüchtlinge übernehmen. Aber dann hieß es, das Wetter sei zu schlecht. Die Malteser schickten uns zum nächstgelegenen Hafen nach Italien, auf Lampedusa, um dort Schutz vor dem Sturm zu finden. Doch die Italiener forderten uns auf, ihre Hoheitsgewässer sofort wieder zu verlassen. Die Küstenwache von Palermo wies uns an, ohne Verzögerung direkt nach Malta zu fahren.

SPIEGEL: Und dann?

Shaaban: Auch Malta verweigerte uns die Einfahrt in seine Hoheitsgewässer. Aber das Wetter wurde immer stürmischer, das Schiff geriet in eine gefährliche Lage. Nachdem wir die Behörden immer wieder angerufen und über unsere Lage informiert hatten, erlaubten sie uns schließlich, vor ihrer Küste zu ankern. Wir wurden informiert, dass wir das Gebiet sofort wieder zu verlassen hätten, wenn das Wetter besser wird.

SPIEGEL: Wie geht es jetzt weiter?

Shaaban: Wir haben der Rettungsleitstelle von Malta eine detaillierte Liste von allen Passagieren mit ernsten gesundheitlichen Problemen geschickt. Am Sonntag kam ein maltesischer Arzt an Bord, um die gesundheitliche Lage der Migranten zu überprüfen. Aber es wurden eben nur zwei Passagiere evakuiert. Seither hat sich in Malta niemand mehr für die Gesundheit der Menschen an Bord interessiert.

SPIEGEL: Was erwarten Sie von Malta?

Shaaban: Ich habe der Rettungsleitstelle von Malta mitgeteilt, dass die Situation der Migranten an Bord unhaltbar geworden ist. Ihre kritische gesundheitliche Lage verschlechtert sich weiter. Wir können sie medizinisch nicht betreuen. Ich mache Malta verantwortlich, wenn es zu Todesfällen kommt. Die Lebensbedingungen auf dem Schiff sind dramatisch. Und jetzt droht eine Tragödie, weil unsere Vorräte ausgehen. Bitte schickt uns täglich Proviant. Sonst bleiben die Migranten ohne Lebensmittel, bis sie endlich an Land gelassen werden.

Icon: Der Spiegel

Source: spiegel.de

Комментариев нет:

Отправить комментарий