«Benjamin Blümchen», Amazon Prime Video
Zeitbudget: 91 Minuten
für Fans von: «Bibi Blocksberg», «Bibi & Tina«
«Töröööööö!» Genau, Sie wissen schon: Es geht um diesen sprechenden Elefanten aus der Hörspielserie. Sie wissen das schon, weil Sie ihn höchstwahrscheinlich selbst als Kind kennengelernt haben, schließlich trötet Benjamin Blümchen seit 1977 durch deutsche Kinderzimmer. Große Schätze sind Klassiker wie «Benjamin Blümchen» oder «Bibi und Tina» für die deutsche Kinderfilmproduktion, eben weil sie die Generationen vor der Leinwand oder dem Fernseher zusammenbringen. Mama und Papa fühlen sich mitgenommen in eine Welt, die für sie mit einer Patina aus hoffentlich glücklichen Erinnerungen versehen ist. Wobei — diese «Benjamin Blümchen»-Verfilmung mit Heike Makatsch hat wenig zu tun mit herrlich rauschenden Hörspielkassetten, dazu ist sie zu sehr auf modern getrimmt, zu schrill, und Benjamin schien als körperlose Stimme lebendiger als in dieser nicht sehr gelungen computeranimierten Variante. Immerhin stimmt eine Band den Originalsong der ersten Hörspiele an («Auf ‘ner schönen grünen Wiese liegt ein großer grauer Berg…»), und die sozialkritischen Untertöne sind auch nicht verschwunden. Es ist ja auch gut, wenn Filmemacher heute einen eigenen Zugriff auf den klassischen Stoff finden. Noch besser wäre es freilich, wenn sich deutsche Kinderfilme nicht immer nur darauf verließen, sondern eigene Stoffe entwickeln würden, die das Zeug zum Klassiker haben. (Lesen Sie hier unsere Kritik zum Kinostart.)
Zeitbudget: 104 Minuten
weitere Serien und Filme über Missbrauch: «The Loudest Voice«, «Unantastbar — Der Fall Harvey Weinstein»
Der Mann sitzt im Verhörzimmer, und man sieht ihm an: Angriff ist seine Verteidigung. Unterkiefer vorgeschoben, die Beamten auf der anderen Seite des Tisches fest im Blick. Und dann antwortet er mit solchem Nachdruck «Nein», als wolle er damit zeigen, wie absurd er diese ganze Untersuchung findet. Die Frage lautete, ob er sich, wenn er von Missbrauch in seiner Organisation gehört hätte, an die Polizei wenden würde. Der Mann heißt Steve Penny, und er war Präsident von USA Gmynastics. Der US-Turnverband fuhr in den vergangenen Jahren haufenweise Goldmedaillen bei Olympischen Spielen und Weltmeisterschaften ein. Es war aber auch der Verband, der es dem Mannschaftsarzt Larry Nassar ermöglicht hatte, mindestens 265, vielleicht noch viel mehr Mädchen und Frauen sexuell zu missbrauchen. Die Dokumentation «Athlete A» zeichnet nach, wie die Gier nach Erfolg eine ganze Organisation zur Mittäterschaft an diesen Verbrechen trieb. Es gab überhaupt keinen Zweifel: Wichtiger als die körperliche und seelische Gesundheit ihrer Schützlinge war den Mächtigen der Platz auf dem Treppchen. Der Film wirft einen durchrüttelnden Blick auf ein zum Teil pervertiertes Leistungssystem, das vor allem in den USA blüht, und wird so zum dunklen Widerpart zu der Netflix-Doku «Der amerikanische Traum von Buchstabieren«, die die Chancen feiert, die dieses System eben auch bietet.
Zeitbudget: zehn Folgen à 55 Minuten
für Fans von: «The Favorite«, «Elizabeth«
So grenzenlos wie es scheint, ist der Streamingkosmos leider nicht: Vor allem Serien der sehr guten US-Plattform Hulu erreichen Deutschland immer nur über große Umwege. Neues Beispiel ist dieser wunderbare Zehnteiler über Katharina die Große, den man über den kleinen Anbieter Starzplay sehen kann (über Amazon Channels oder eigene App). Schon wieder die deutsche Prinzessin, die zur russischen Zarin wurde? Stimmt, es gab gerade erst eine Mini-Serie mit Helen Mirren in der Titelrolle, aber die erzählte von den letzten Jahren der Herrscherin, und man roch förmlich die Mottenkugeln in den Kostümen. «The Great» setzt hingegen bei der Ehe Katharinas mit Peter an und zeigt mit Witz und freihändiger Interpretation historischer Fakten eine kluge Frau inmitten einer grenzdebilen Hofgesellschaft, in der ihr Mann sich als größter Idiot hervortut. Elle Fanning und Nicolas Hoult spielen ihre Rollen mit inbrünstigem Charme und kluger Ironie. Nicht ganz so vielschichtig wie das Kostümfilm-Meisterwerk «The Favorite», aber prickelnd, leichtfüßig rasend unterhaltsam.
Source: spiegel.de
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