«Danke, danke, danke, South Carolina!» Erleichterung ist gar kein Ausdruck für den Ton in Joseph R. Biden Jr.s Stimme, als er am Samstagabend vor seine laut jubelnden Unterstützerinnen und Unterstützer in der Volleyballhalle der University of South Carolina tritt. «Ihr habt mich zurückgebracht!», ruft er, die Menge ruft aufgekratzt zurück: «Joe! Joe! Joe!»
Und wie sie ihn zurückgebracht haben. Fast 50 Prozent der Stimmen hat der ehemalige US-Vizepräsident nach Auszählung von mehr als 90 Prozent der Wahlbezirke bei der Vorwahl der Demokratischen Partei im östlichsten der Südstaaten geholt. Damit liegt Biden bemerkenswerte 30 Prozentpunkte vor dem Zweitplatzierten Bernie Sanders – der bislang größte Vorsprung eines Kandidaten in diesem Rennen.
Für Biden ist es bereits der dritte Präsidentschaftswahlkampf, er war viele Jahre lang Senator und später Vizepräsident unter Barack Obama – aber sein Abschneiden in South Carolina an diesem Samstag war der wohl wichtigste Erfolg seiner bisherigen Karriere. Man könnte es Comeback nennen oder auch Wiederauferstehung. Denn Biden, der zu Beginn des Wahlkampfs der Demokraten noch als Favorit gegolten hatte, war zuletzt abgestürzt. Bei den demokratischen Vorwahlen in Iowa, New Hampshire und Nevada konnte er nicht überzeugen, wie schon bei seinen vorherigen Kandidaturen 1988 und 2008. Hätte er South Carolina verloren, wäre das sehr wahrscheinlich das Ende nicht nur seiner Kandidatur, sondern auch seiner politischen Laufbahn gewesen. Entsprechend müde und abgekämpft wirkte Biden in den vergangenen Wochen, auf Wahlkampfveranstaltungen benahm er sich gelegentlich seltsam, seine Umfragewerte sanken. An diesem Samstagabend aber steht in der Volleyballhalle in Columbia ein rotbäckiger, strahlender Kandidat auf dem Podium und stellt das Offensichtliche fest: «Wir sind sehr lebendig.»
Ohne die Stimmen der afroamerikanischen Wahlbevölkerung geht nichts
Biden ist wieder im Rennen, und dessen Ausgang ist deshalb völlig offen. In der Gesamtwertung führt zwar noch immer Bernie Sanders, der zuletzt in Nevada und New Hampshire gewonnen hat und 53 Delegierte auf sich vereint. Biden hat nach jetzigem Stand 41 Wahlleute, muss also noch einiges aufholen. Und doch: Die Vorwahlen der Demokraten haben sich mit Bidens Erfolg in South Carolina zu einem spannenden Zweikampf entwickelt. Plötzlich ist da wieder jemand, der Sanders ernsthaft gefährlich werden könnte.
Denn in South Carolina wurde deutlich, dass der Senator aus Vermont ein Problem hat. Obwohl er der eindeutige Favorit des linken Flügels der US-Demokraten ist und sich betont integrativ gibt, kann er offensichtlich nicht alle Wählergruppen überzeugen. In Nevada, wo viele Latinos leben, holte er noch einen deutlichen Sieg vor Biden. In South Carolina aber, dem ersten Bundesstaat, bei dessen Vorwahl die Stimmen der schwarzen Bevölkerung eine wichtige Rolle spielten, siegte Biden klar. 61 Prozent der afroamerikanischen Wählerinnen und Wähler stimmten für ihn, für Sanders dagegen nur 17 Prozent. Ohne das sogenannte black vote, also die Stimmen der afroamerikanischen Wahlbevölkerung, geht nichts, wenn man Präsidentschaftskandidatin oder Präsidentschaftskandidat werden will. Das haben die Vorwahlen in der Vergangenheit gezeigt.
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