понедельник, 24 февраля 2020 г.

Raubkunst: «Der Computer weiß nicht, dass ‘München’ und ‘Munich’ dasselbe meint»

Warum taucht ein Werk, das 1937 als «entartet» von den Nationalsozialisten in der Sammlung der Hamburger Kunsthalle beschlagnahmt wurde, später in einem US-amerikanischen Museum auf? Solchen Fragen geht Lynn Rother nach, seit November 2019 hält sie die erste dauerhaft eingerichtete Universitätsprofessur zur Provenienzforschung in Deutschland. Ihr Projekt an der Leuphana Universität Lüneburg klingt so wegweisend wie erfolgversprechend: Computergestützte Methoden sollen Raubkunst aufspüren.

ZEIT ONLINE: Frau Rother, das Forschungsfeld der Data Science gibt es schon eine ganze Weile. Was genau ist an Ihrer Idee neu?

Lynn Rother: Bisher wurden derartige computergestützte Methoden noch nicht für die Provenienzforschung genutzt. Vor allem in den vergangenen zwei Jahrzehnten generierte man unheimlich viele Daten, die noch nie jemand museums- und sammlungsübergreifend ausgewertet hat. Das ist für den Menschen eine Wahnsinnsaufgabe, aber eben nicht für den Computer – wenn es um Tausende Werke mit Zehntausenden Eigentumswechseln geht.

ZEIT ONLINE: Warum hat vor Ihnen denn niemand all diese Daten für eine computerbasierte Analyse genutzt? 

Rother: Weil die Informationen, wie sie im Moment vorliegen, nicht maschinenlesbar sind. In Museumsdatenbanken finden sich zum Beispiel alle Herkunftsangaben zu einem Werk in einem Textfeld. Wenn Namen von Personen und Orten, Zeitangaben und die Art des Eigentumswechsels aber so erfasst sind, ist nicht einmal intelligentes Suchen innerhalb eines Museums möglich. Der Computer weiß außerdem nicht, dass «München» und «Munich» denselben Ort meinen. Derartige Daten wollen wir direkt mit sogenannten kontrollierten Vokabularien verlinken. Zum Teil fehlt da aber das provenienzspezifische Vokabular; es wird also auch um die Entwicklung einer Terminologie gehen. 

ZEIT ONLINE: Die vorhandenen digitalisierten Informationen sind also bisher nur für den Menschen verständlich? 

Rother: Genau. Wenn wir von uneinheitlichen und unstrukturierten Daten sprechen, nennt man das messy data. Gerade in der Provenienzforschung hat man außerdem viel mit ungenauen Angaben, sogenannter fuzzy data, zu tun. Da steht dann etwa: «Das Werk ist an einem Sommertag zwischen 1958 und 1960 von meinem Vater angekauft worden.» Ein Mensch kann damit etwas anfangen, aber keine Maschine. Data Science ist mit solch ungenauen Angaben überfordert. 

ZEIT ONLINE: Wie gehen Sie am Beispiel dieses Sommertags vor – legen Sie zur Analyse einen Mittelwert fest?

Rother: Nein, gerade in der Provenienzforschung ist die Dokumentation ganz wichtig. Man muss die Ungenauigkeit festhalten, das aber mithilfe eines standardisierten Formats. Unser Ziel ist es, eine Datenstruktur und Standards zu erschaffen, die von bestehenden Systemen und Projekten adaptiert und genutzt werden können.

ZEIT ONLINE: Welche Probleme könnten auftauchen? 

Rother: Meine größte Angst ist, dass wir zu viele Daten mit zu großen Lücken vorfinden. Wenn etwa der Verbleib eines Werks zwischen 1920 und 1958 unklar ist, kann diese Lücke möglicherweise nicht einmal durch gezielte Recherche in Katalogen und Archiven geschlossen werden – zumindest nicht für Hunderte von Werken. 

ZEIT ONLINE: In Ausnahmefällen würden Sie aber mal zu einem Archiv nach Paris oder Chicago fliegen?

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