вторник, 18 февраля 2020 г.

J. Peirano: Der geheime Code der Liebe: Wenn mir ein Mann gefällt, werde ich schroff und abweisend - warum ertrage ich keine Nähe?

Liebe Frau Peirano,

ich wünsche mir eigentlich — ja ich merke selbst, dass ich eigentlich sage — eine Partnerschaft. Ich bin 32 und hatte noch nie länger als drei Monate einen Freund.

Aber ich stelle mir auch immer wieder selbst ein Bein. Wenn ich jemanden kennen lerne, der mich interessiert, kann ich irgendwie Nähe und Distanz nicht kontrollieren. Ich bin am Anfang sehr freundlich und lade den Mann wirklich ein, mir in jeder Hinsicht nahe zu kommen. Und dann stelle ich mir vor, wie es wäre, wenn mehr passiert und wir zusammen wären.Peirano: 58 und die große Liebe 19.00

Und plötzlich, von einem Moment auf den anderen, wird es mir zu viel und ich reagiere total schroff und abweisend. Manchmal passiert das, nachdem wir zum ersten Mal Sex hatten. Da habe ich den Mann am frühen Morgen quasi rausgeschmissen. Manchmal passiert es auch lange vor dem «ersten Mal» und ich mache eine 180-Grad-Wendung. Der Mann ist dann total vor den Kopf gestoßen, weil ich vorher nett war und dann plötzlich verletzend werde oder mich aus dem ganzen herausziehe, ohne Erklärung.

Ich will das nicht, aber ich bekomme dann plötzlich Angst. Manchmal finde ich den Mann dann auch von einem Moment auf den anderen völlig unattraktiv und will nichts von ihm wissen, ohne dass etwas besonderes vorgefallen ist. Meine Freundinnen wissen auch nicht weiter, ehrlich gesagt, ist mir auch nicht klar, was es ist.

Es scheint aber nicht an einem bestimmten Mann zu liegen oder an einem bestimmten Typ Mann, soviel habe ich schon herausgefunden. Es passiert mir immer wieder.

Haben Sie einen Ansatz für mich, wie ich damit umgehen kann?

Viele Grüße,

Lea T.

Liebe Lea T.,

Ich kann mir vorstellen, dass es für Sie beängstigend ist, dass Sie scheinbar Ihren Gefühlen und Ihrem Verhalten nicht vertrauen können. Es klingt fast so, als würde etwas in Ihnen handeln (und Sie wie eine Marionette an den Fäden tanzen lassen) — ohne dass Sie selbst die Kontrolle darüber haben oder zumindest wissen, was den plötzlichen Stimmungswandel verursacht hat.

Ich vermute, dass in Ihrer Kindheit Dinge vorgefallen sind, die bei Ihnen das Thema «Nähe» mit «Angst» verknüpft haben, auch wenn Ihnen nicht genau bewusst ist, was damals passiert ist. Wenn Sie einen Mann kennen lernen, der Ihnen gefällt, öffnen Sie dann die Truhe «Nahe Erfahrungen und Intimität», die sonst sicher verschlossen und weggesperrt sind. Und in dieser Truhe befinden sich unerfüllte Nähewünsche und gleichzeitig auch Angst vor Nähe und den damit verbundenen Schmerzen. Ein verworrenes Gemisch!Bio Julia Peirano

Sicher ist es so, dass die Vorstellung, einen Mann kennen zu lernen und sich an ihn zu binden, bei Ihnen einerseits Sehnsucht auslöst, aber eben auch Bindungsängste. Diese können mit Kindheitserfahrungen zu tun haben. Wenn ein Mensch in nahen Beziehungen zu engen Bezugspersonen (in der Regel den Eltern) schmerzhafte Erfahrungen gemacht hat, speichert er ab: Nähe kann gefährlich sein. Das ist ein sehr sinnvoller Schutz vor weiteren Verletzungen.

Beispiel: Eine Frau hatte eine Mutter, die Schauspielerin war und selten Zeit hatte. Die Mutter kam (zu) kurz zu ihrer Tochter, kümmerte sich wenige Minuten um sie, drückte sie an sich und löste sich dann blitzschnell aus der Umarmung, um zu ihren Aufführungen, ihren Liebhabern oder ihren Partys zu eilen. Die Tochter weinte sich in den Schlaf.

Oder: Eine andere Frau hatte einen Vater, der sehr liebevoll sein konnte, aber sie auch im nächsten Moment scharf kritisieren und bestrafen konnte. Nähe hatte für sie immer einen bitteren und beängstigenden Beigeschmack.

Eine andere Frau musste sich um die depressive Mutter kümmern und war (natürlich) damit überfordert. Die seltenen Momente der Nähe waren mit großer Belastung und Überforderung verbunden, sodass Nähe für die Patientin auch nichts Tröstendes und Stärkendes hatte.

Durch das Kennenlernen eines Mannes und das Öffnen der Truhe geraten Sie auf eine sogenannte Affektbrücke, auf der Sie dann wieder in Ihre Kindheit rutschen und sich unbewusst mit den alten, schmerzhaften Erfahrungen konfrontieren. Und dann geht es darum: Mutter war immer so schnell wieder weg und hinterließ Einsamkeit und ihren Parfümgeruch — vielleicht macht dieser Mann das auch? Besser autonom bleiben und ihn erst wegstoßen.

Oder: Papa hat mich immer kritisiert, das war schrecklich. Dieser Mann könnte mich auch nicht wirklich mögen, und dann bin ich wieder unterlegen. Besser, ich bleibe autonom und kritisiere ihn zuerst. Wenn er weg ist, bin ich wieder in Sicherheit und kann mich stark fühlen.

Es wäre sehr wichtig, dass Sie die Affektbrücken untersuchen und herausfinden, welche Kindheitserinnerungen Ihnen heute Angst machen und Sie daran hindern, sich auf eine Beziehung einzulassen.

Es gibt viele Methoden, um daran zu kommen, aber klinische Hypnose ist dafür sehr gut geeignet, weil Ihr Unbewusstes die beiden Zustände (den aktuellen und den kindlichen) unbewusst schon verknüpft hat. Durch Hypnose wird diese Verbindung aufgedeckt und Sie können die frühen Verletzungen erkennen und bearbeiten. Es gibt Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten mit einer Zusatzausbildung in klinischer Hypnose.

Aber auch ohne sich um die alten Verletzungen zu kümmern, wäre es wichtig, dass Sie an Ihrer Angst arbeiten. Sie können jetzt schon damit anfangen. An der Angst arbeiten, heißt für mich nicht, die Angst zu unterdrücken. Es heißt eher, behutsam mit Ihrer Angst umzugehen.

Was würden Sie zum Beispiel tun, wenn Sie lernen würden, Motorrad zu fahren (oder zu tauchen/ zu klettern …)? Sie würden wahrscheinlich erst einmal alle Fragen stellen, die mit dem Motorrad zu tun haben und Ihnen Angst machen — und so viele Informationen erhalten wollen, bis Sie sich bereit fühlen (z.B. Wie verhindere ich es, dass das Motorrad in den Kuren umkippt?). Dann würden Sie sich das Gerät in Ruhe ansehen, langsam raufsteigen und erst einmal bei langsamem Tempo auf einem Parkplatz ein paar Runden drehen. Würden Sie gleich auf der Autobahn beginnen, würden es Ihnen so große Angst machen, dass Sie sich nie wieder auf ein Motorrad wagen! Das ist völlig normal.

In einer Beziehung mit einem fremden Menschen ist Langsamkeit auch ein sehr gutes Mittel gegen Ängste.

Machen Sie sich doch bewusst, was für Erwartungen, Träume und Hoffnungen Sie beim Kennenlernen haben. Wenn Sie unbewusst schon zehn Schritte weiter sind, als es in Wirklichkeit der Fall ist, dann machen Sie sich Angst.

Deshalb wäre es wichtig, dass Sie sich beim Kennenlernen immer wieder viel Zeit für sich selbst nehmen, um sich zu beruhigen, vertraute Dinge alleine oder mit vertrauten Personen zu machen und das «Spiel» des Kennenlernens mit Distanz zu betrachten. Das gibt Ihnen eine gesunde Mischung zwischen Ihrem eigenen Leben und Ihrer hart erkämpften Selbstständigkeit und dem Wagnis, einen Mann kennen zu lernen.

Machen Sie sich Ihre Gedanken und Gefühle bewusst, auch Ihre Zweifel, und seien Sie im Zweifelsfall lieber konstant langsam bei Tempo 30 als erst mit 180 Sachen loszufahren und dann eine gefährliche Vollbremsung einzulegen.

Sie brauchen aufgrund Ihrer Kindheitserfahrungen und aufgrund früherer Beziehungen, die nicht lange gedauert haben, Zeit, um Vertrauen aufzubauen. Das ist Ihnen nicht in die Wiege gelegt worden, und diese Zeit sollten Sie sich nehmen.

Herzliche Grüße,

Julia Peirano

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