среда, 26 февраля 2020 г.

Anschlag in Hanau: Die Leere nach den Schüssen

Leere. Vielleicht gibt es andere Menschen, die das auch so empfinden. Diese wahnsinnige Leere. Eine Leere, wie sie nur ein politisches Attentat hinterlassen kann. Diese Leere hat immer ein typisches Bild. Da ist diese Straße mit Blut, ein Auto steht quer, und ein Augenzeuge mit erweiterten Pupillen bemüht seine Erinnerung und spricht in ein Mikrofon.

Die Leere ist in einem drin. Draußen hingegen ist es laut. Wortbrei. Es ist nicht wichtig, dass man hinhört. Das Gesagte folgt einer inneren Ordnung. Jeder weiß, was gesagt werden muss. Also sagen es alle. Dafür, dass jetzt alle geschockt und entsetzt sind, wird ganz schön viel geschrieben und gesprochen. Es weiß ja auch immer jeder über alles Bescheid.

Aber ist es nicht eigentlich so, dass man Terror auch wie eine Art Schlusspunkt nach einer langen Debatte lesen kann? Das politische Attentat in Hanau mit zehn erschossenen Opfern aus niedrigen, menschenfeindlichen Motiven ist wie das Fazit eines Diskurses. Es bildet das Ende einer Reihe von Meinungsäußerungen. Es ist, wenn man so will, die ultimative letzte politische Meinungsäußerung in einem aus dem Ruder gelaufenen gesellschaftspolitischen Gespräch. Alle Seiten haben gesprochen. Alle Seiten haben ihre Argumente ausgetauscht. Die Parteien, die Medien, die Stiftungen, die politischen Bewegungen, die Initiativen, die Gewerkschaften, die Aktivisten, alle haben alles gesagt. Und jetzt kommt einer, zieht seine Schlüsse und drückt ab. 

So gesehen sind alle Ermutigungsparolen («Zusammenhalten!», «Zusammenstehen!»), die nach einem Massaker gesprochen werden, vergebliche Versuche die Realität umzudeuten. Man kann gegen Terror nicht zusammenstehen, er ist ein Symptom der gesellschaftlichen Spaltung. Da ist doch bereits etwas auseinandergegangen. Und die, die zusammenstehen, stehen innerhalb ihres Lagers zusammen. Nach dem ersten Anschlag, vielleicht, rückt man für immer zusammen oder nie. Das in Hanau war aber der soundsovielte Vorfall. 

Auf die Gewalt der Straße müsste man mit staatlicher Gewalt antworten. Sonst wird das nie aufhören. Es kann nur noch darum gehen, das zu beenden, zu ersticken. Und nicht daraus zu lernen oder  – noch grotesker – eine Lehre daraus zu ziehen. Die Gewalt des Staates muss so massiv und angsteinflößend sein, dass alle Sympathisanten, die der Ideologie des Attentäters heimlich zustimmen, sich vor Angst in die Hose scheißen. Gewaltbereite, bewaffnete Nazis verstehen nur diese Sprache. Und ihre jämmerlichen Wähler ebenso. Man kann Terror nicht mit Beileidsbekundungen und Hashtags und Mahnwachen in Schach halten. Trauer und Solidarität ersetzen keine politischen Handlungen. Politik wird mit Politik gemacht.

Schade, dass die Kanzlerin nicht da ist. Dass sie nicht nach Hanau fährt und die Eltern in den Arm nimmt. So wie damals die neuseeländische Premierministerin Jacinda Ardern in Christchurch. Die band sich ein Kopftuch um (obwohl das keiner der Hinterbliebenen erwartete), ging in die Al- Noor Moschee, dem Tatort und nahm die hinterbliebenen Frauen in den Arm. Keine 48 Stunden später änderte das neuseeländische Parlament die Waffengesetze.

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